Triathlon Europameisterschaften 2014 in Kitzbühel

Um ganz ehrlich zu sein, weiß ich nicht wirklich, wie ich anfangen soll. Ich hatte eines der besten Wochenenden meines Lebens – ich habe gelacht, habe geweint (vor Glück) und habe gestrahlt! Und dabei saß ich Anfang letzter Woche im vorletzten Examen meines Bachelor-Abschlusses an der Universität Oxford – es kommt mir wie eine Ewigkeit vor.

Aber alles der Reihe nach: Als ich am Donnerstag, also dem Tag vor dem Wettkampf, in Oxford aufwachte, wurde mir klar, dass nur noch ein Examen anstand bis zu den Sommerferien, bis zu meinem Flug nach Kitzbühel – das Letzte von 8 Examen in 18 Tagen. Training war in dieser Zeit meine einzige Abwechslung.

Als ich mittags aus dem Examen kam, warteten einige Freunde bereits um mich zu “trashen” (“trashing” ist eine Tradition in Oxford und bedeutet, Konfetti und alles Mögliche auf Studenten zu werfen, die ihr letztes Examen hinter sich haben).  Mir gelang es, glimpflich davonzukommen – schließlich hatte ich keine Zeit mich zu duschen, bevor ich zum Flughafen fuhr. Dort traf ich meine Mutter mit meinem Radkoffer und schon ging es los.

Mein Vater holte mich abends am Münchener Flughafen ab und schon ging’s weiter nach Kitzbühel (mit einem Pasta-Stopp an einer Tankstelle auf dem Weg).

Am nächsten Morgen war an Ausschlafen nicht zu denken. Zusammen mit meinem Trainer Roland Knoll schaute ich mir morgens um 6.30 Uhr die Radstrecke an. Den Rest des Morgens verbrachte ich damit, meine Sachen zusammenzupacken, zu entspannen und mich einfach mit meinen Teamkollegen zu unterhalten.

Und dann war es endlich soweit. Schon seit klar war, dass ich bei den Europameisterschaften in Kitzbühel starten darf, freute ich mich auf dieses Rennen. Nachdem vormittags das Wetter noch trocken und warm war, fing es kurz vor dem Start des Rennens an zu regnen.

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Ich wusste nicht wirklich was mich erwartete – ich hatte bis jetzt nur Sprintrennen gemacht und war immer froh, wenn das Schwimmen nach 750 m vorbei war. Die doppelte Distanz würde entweder in einer Quälerei enden oder wirklich Spaß machen – und es war glücklicherweise das Zweite. Die erste Runde war ein ziemlicher Kampf – ich habe immer noch ein paar blaue Flecken -, aber die zweite Runde hat wirklich Spaß gemacht. Ich hatte meinen Platz gefunden und kam am Ende mitten im Verfolgerfeld aus dem Wasser. Ich konnte es kaum glauben!

Nach dem Wechsel zum Radfahren machten Nicola Spirig und Rachel Klamer das Tempo in der Verfolgergruppe. In der ersten Abfahrt wäre ich beinahe gestürzt, als meine Carbon-Bremsen aufgrund des vielen Wassers nicht richtig gegriffen haben. Irgendwann holten wir schließlich das Führungs-Trio ein. Nach etwa der halben Raddistanz fing es an noch heftiger zu regnen und es wurde auch empfindlich kalt. Ab dann habe ich ziemlich gefroren und war am Ende einfach froh, vom Rad zu kommen.

Nun hieß es die Laufschuhe anzuziehen und das gestaltete sich mit meinen kalten Fingern schwieriger als erwartet. Ich brauchte eine gefühlte Ewigkeit, aber irgendwann klappte es. Und schon ging’s los.

Ich sah einige Athletinnen vor mir und irgendjemand sagte mir, dass ich auf Platz 7 liege. Darüber war ich mehr als glücklich – ich hatte gehofft, an einem guten Tag in die Top 15 zu kommen. Kurz darauf konnte ich mich auf Platz 4 vorarbeiten. Langsam wurde sogar der Abstand zu Hanna Philippin und Annamaria Mazzetti immer kleiner und plötzlich lief ich neben ihnen. So passierten wir die 5 km-Marke. Ich übernahm die Führung in unserer kleinen Gruppe und beschleunigte etwas. Am nächsten Wendepunkt sah ich, dass Hanna zurückgefallen war und eine kleine Lücke zu Annamaria entstanden ist. Da wurde mir klar, dass das eine Medaille für mich bedeuten könnte. 2,5 km später war ich dann alleine auf dem 2. Platz und es gelang mir, mein Tempo zu halten. Als Zweite überquerte ich die Ziellinie, nur 16 sec hinter der amtierenden Olympiasiegerin Nicola Spirig!

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Ich hätte mich am liebsten in eine Ecke gesetzt und vor Freude geweint. Aber dafür war keine Zeit. Hanna kam als 4. ins Ziel und ich freute mich riesig für sie. Dann begann der Trubel: von einem Photographen zum nächsten, Interviews und die Vorbereitung auf die „Flower Ceremony“.

Die „Flower Ceremony“ war ein großartiges Erlebnis, ich genoss jede Sekunde, aber es war immer noch ziemlich kalt. Als nächstes musste ich zur Doping-Kontrolle – auf die ersehnte heiße Dusche musste ich noch ein wenig warten.

Anschließend ging es zur eigentlichen Siegerehrung ins Zentrum von Kitzbühel. Aber auch dort hatte ich noch nicht wirklich realisiert was passiert ist. Ich glaube niemand, nicht einmal ich, sah mich irgendwo in der Nähe eines Podiumsplatzes.

 Aber das Wochenende war noch nicht vorbei. Am Sonntag war wieder Renntag, Zeit für den Team-Wettbewerb. Die deutschen Junioren haben ihr Rennen sensationell gewonnen – nun war es an uns. Ich war die Starterin und Gott sei Dank lief alles wirklich gut. Ich konnte an Max Schwetz an zweiter Stelle liegend übergeben. Und dann begann das Anfeuern. Max konnte die Position halten und Hanna Philippin lieferte sich erneut ein Duell mit Annamaria Mazzetti. So lag es am Ende an Justus Nieschlag, der alles gab aber schließlich die Italiener ziehen lassen musste. Es war ein grossartiges Rennen von allen meinen Teamkameraden, es hat so viel Spaß gemacht selbst zu laufen und zuzuschauen, ich kann es gar nicht beschreiben.

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Wenn ich auf dieses Wochenende zurückblicken, kann ich nur mit dem Kopf schütteln über das, was passiert ist. Ein herzliches Dankeschön an alle, die an mich glauben und mich unterstützen.

Und das größte Dankeschön geht an meinen Freund, meine Eltern und meinen Trainer Roland Knoll, ohne die ich es nicht einmal zur Startlinie am Freitag geschafft hätte.